Meinheimer Pioniere der Elektromobilität

Herwig und Anke Hufnagel fahren seit Jahren nur noch mit dem Stromer

Herwig und Anke Hufnagel und ihr „Erk“. Der gleichnamige Tüftler aus Kassel baute dieses Auto mit einer Subaru-Karosserie seit 1991 in Serie. Zum Fuhrpark der Meinheimer Familie gehört er seit 2005. © Marianne Natalis

28.10.2017 von Marianne Natalis Altmühl-Bote

MEINHEIM – Neulich musste Herwig Hufnagel mal wieder den Dienstwagen nehmen. Es kostet ihn jedesmal ein bisschen Überwindung, in den Diesel zu steigen. Das Schütteln und Rütteln, der Lärm während der Fahrt und nicht zuletzt der Feinstaub, den das Auto hinten rauspustet, all das bereitet ihm Unbehagen. Denn privat hat der 51-Jährige mit dem Thema Verbrenner vollkommen abgeschlossen.

Schon 1999 begann für den Meinheimer und seine Familie das Abenteuer Elektroauto. Das erste Modell war damals ein Twike, seit 2012 fährt die Familie komplett mit Strom. Und der kommt bei den Hufnagels nicht einfach nur aus der Steckdose, sondern zu einem Großteil vom eigenen Dach.

Den Benziner gegen das Elektroauto zu tauschen, das ist ein Ansatz, doch er geht Anke und Herwig Hufnagel nicht weit genug. Das Ehepaar lebt, was Energie betrifft, einen sehr ganzheitlichen Ansatz. Die Sonne liefert über die zum Teil bewegliche und so auch als Sonnenschutz einsetzbare Photovoltaikanlage und die Solarthermie auf dem Dach Strom und warmes Wasser, geheizt wird mit Erd- und zudem seit einigen Jahren mit Nahwärme. Als Mitinitiator des Nahwärmenetzes Meinheim wollte Hufnagel schließlich mit gutem Beispiel vorangehen, auch wenn er heizungsmäßig nicht darauf angewiesen ist.

Angefangen, erzählt Herwig Hufnagel, hat alles mit dem Solarenergie-Förderverein. „Der hat mich zu allem motiviert.“ Und davon überzeugt, dass ein Leben auf der Basis erneuerbarer Energien möglich ist.

Schon seit Jahren führen Anke und Herwig Hufnagel deshalb über ihren Energiehaushalt akribisch Buch, tragen ein, wie viel Strom die Autos gefressen, wie viel die Solarzellen auf dem Dach dagegen produziert haben. In der Summe kann sich ihre Bilanz mehr als sehen lassen: Als sie mit ihrer Statistik vor Jahren angefangen haben, lag der CO2-Ausstoß der vierköpfigen Familie noch bei 700 Kilogramm im Monat. Dieses Verhältnis hat sich längst umgekehrt. Heute sind es 400 Kilogramm, aber mit einem Minus davor. „Wir verbrennen ja nichts mehr“, ist Anke Hufnagels einfache wie einleuchtende Erklärung.

Das Elektroauto ist nach Ansicht der Hufnagels gerade auf dem Land das ideale Fortbewegungsmittel, haben doch die meisten hier lebenden Menschen ihren Wagen in einer Garage stehen. Mit einem — meist ja eh schon vorhandenen — Stromanschluss wird diese schnell zur hauseigenen Tankstelle.

Allerdings wagt sich die Meinheimer Familie auch weit über die Reichweite ihrer Stromer hinaus. 2011 etwa ging es auf Ferienreise in die Mecklenburgische Seenplatte. Die rund 600 Kilometer (direkter Weg) in einem Rutsch runterzureißen, das schafft der etwas in die Jahre gekommenen Saxo der Hufnagels nicht. Im besten Fall sind es rund 140 Kilometer.

Nicht so einfach zu finden

Zwei Tage und 780 Kilometer waren die Hufnagels letztendlich unterwegs, sind morgens um 5 Uhr losgefahren und anderntags um 23 Uhr angekommen. Einfach so ins Blaue hinein würde Anke Hufnagel eine solche Fahrt nicht unternehmen. Man muss seine Routen schon planen, ist ihre Erfahrung, auch wenn sich die Zahl der Ladesäulen mittlerweile vervielfacht hat. Längst nicht alle sind so einfach zu finden wie die an den Autobahntankstellen, vielmehr seien sie oft ganz schön versteckt. Vor einer längeren Fahrt gehen die Hufnagels deshalb ins Internet. Dort liefert etwa die Seite www.goingelectric.de/stromtankstellen einen guten Überblick über die vorhandenen Lademöglichkeiten.

Zudem empfiehlt es sich laut Anke Hufnagel, an einem Wochentag zu reisen. Denn der Kartendschungel an Deutschlands Stromzapfstellen (wir berichteten) erleichtert das Tanken — und vor allem das Bezahlen — nicht unbedingt. Da aber Ladesäulen laut Hufnagel diskriminierungsfrei sein sollen, findet sich an fast jeder Einrichtung eine Telefonnummer, die im Zweifelsfall beim Bezahlen weiterhilft. Aber oft erreicht man dort eben nur an Werktagen einen Ansprechpartner.

Auch heuer ging es mit dem zuverlässigen Saxo, der mittlerweile 85 000 Kilometer auf dem Tacho hat, auf Camping-Tour. Immerhin 1687 Kilometer legte das Ehepaar so im Juli zurück und erreichte dabei immer das gesteckte Ziel. Nur einmal wurde es ein bisschen knapp: Auf der vorgesehenen Route war eine Brücke gesperrt, so mussten die Hufnagels die gesamte Talsperre umfahren. Angesichts vieler Berge auf der Strecke „waren wir froh, in Bad Lobenstein zufällig eine Zwischenladestation zu entdecken“. Ein Arbeiter brachte dort gerade Aufkleber an der Säule an und guckte etwas verdutzt, als der Saxo aus Weißenburg-Gunzenhausen vorfuhr. Denn: Die Ladestation war brandneu und soeben erst aufgestellt worden — beobachtet von einem Fernsehteam, das sich über den unverhofften Tankgast sicher gefreut hat.

Auf RIP kommt es an

Reichweite, Infrastruktur und der Preis, kurz RIP, das sind die drei Dinge, die beim Kauf eines Elektroautos wichtig sind. Gerade letzteres spielt auch für die Meinheimer Familie eine nicht unbedeutende Rolle, schließlich „bin ich nur ein kleiner Angestellter“, so Hufnagel, der in der Betriebsstelle Schlungenhof des Ansbacher Wasserwirtschaftsamts arbeitet. Es geht für die Hufnagels deshalb nicht allein um den Umweltaspekt, Ziel ist es genauso, in Sachen Energie „finanzneutral“ zu bleiben.

Auch wenn sich Nobelmarken wie Tesla mit „Emotion hoch zehn“ (Anke Hufnagel) verkaufen und der E-Mobilität einen entsprechenden Schub verleihen, der Weg zu mehr Stromern führt für Herwig Hufnagel über Leicht-Elektroautos mit dem Fokus auf Sicherheit und den Batterien. Ihr jüngster Kauf ist für die Hufnagels zwar ein Flop — mit dem Renault-Fluens sind sie nicht zuletzt wegen der Batteriepolitik des französischen Autoherstellers alles andere als zufrieden —, dennoch würden sie nie wieder etwas anderes als E-Auto fahren. Ein herkömmlicher Wagen mit Verbrennungsmotor kommt ihnen nicht mehr in den — voll auf E-Mobilität eingerichteten — Carport, denn: „Der Weg zurück geht nicht!“

Quelle: www.nordbayern.de

 

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